Human. :||: Nature.-Tour: Nightwish zeigen Krebs und Covid die kalte Schulter
Nightwish beweisen auf ihrer mit zwei Jahren verspäteten Europa-Tour, warum sie zu den ganz Großen der Metal-Welt gehören.
6. Dec 2022
Vor etwas mehr als zweieinhalb Jahren ist Human. :||: Nature., das aktuelle Album der Symphonic Metal Giganten von Nightwish, erschienen. Zweieinhalb Jahre, die die Welt – und die Musik-Szene verändert haben. Künstler*innen und Fans waren dazu verdonnert, Streaming-Shows als Alternative zu den grandiosen Live-Erlebnissen vor Ort zu konsumieren. Streaming-Shows, die mal besser, mal schlechter funktioniert haben, aber doch zu keiner Sekunde den Genuss im Club oder in der Halle ersetzen konnten. Gut also, dass diese Zeiten nun (vorerst) hinter uns liegen. Und nachdem nun im Großteil Europas sorgenfreies Feiern wieder möglich ist, hätte beinahe eine andere Tragödie die Nightwish-Party verhindert: Die plötzliche Krebs-Erkrankung von Metal-Goddess Floor Jansen. Vor wenigen Wochen gab die Nightwish-Frontfrau auf ihren Socials aber Entwarnung: Nach einer Brust-OP gilt Floor als vollständig genesen. Wir freuen uns mit – aber vor allem für Floor und ihre Familie. ❤️
Schier unendliche Bühnenpräsenz
Obwohl ihre OP nur wenige Wochen zurück liegt, fährt Floor auf der Europa-Tournee nicht einmal im Ansatz mit angezogener Handbremse. Die Niederländerin ließ in München zu keiner Sekunde Zweifel daran, dass sie nach zweieinhalb Jahren genau dort sein möchte, wo sie jetzt ist: Auf der Bühne. Mit Nightwish. Inmitten ihrer Fans. "In den nächsten 100 Minuten ist mir niemand wichtiger wie ihr": Dieses unausgesprochene Bekenntnis ließ sie die rund 13.000 Begeisterten in der Olympiahalle von Sekunde 1 weg spüren. Ein Bekenntnis, für das es nur diesen einen berüchtigten kleinen Funken benötigt – und den viele Künstler*innen doch nur selten zu entfachen wissen. Nicht so Floor Jansen. Sie ist eine jener außergewöhnlichen Sänger*innen, die es alleine mit ihrer grandiosen Ausstrahlung schafft, Atmosphäre und Bühnenpräsenz zu zaubern. Scheinbar auf Knopfdruck. Und ganz ohne technischen oder inszenierten Schnickschnack.
Klar, wie bei jeder anderen großen Metal-Band gehört auch bei der Show von Nightwish etwas Feuer und Feuerwerk dazu. Die Show-Effekte sind aber immer nur begleitend, nie dominierend. Und so sind es dann auch die etwas anderen Momente, die für die notwendige Portion Gänsehaut sorgen. Etwa wenn sich Floor für die Acoustic-Version von "How's the Heart?" zu Troy aufs Podest gesellt – und das Publikum in einem stillen Lichtermeer versinkt. Oder, wenn sich als Zeichen des gegenseitigen Verständnisses, die temperamentvolle Niederländerin Floor und der kühle Finne Tuomas auf der Bühne eine Umarmung schenken. Oder einfach nur, weil man Nightwish zu jeder Sekunde ansieht, dass sie das, was sie auf der Bühne zeigen, aus voller Leidenschaft tun. Nie sah man dieses Feuer bei der Band stärker brodeln, als auf dieser Tour – jedenfalls aber bei ihrem Besuch in der Münchner Olympiahalle.
Will man trotzdem das Haar in der Suppe suchen, dann wird man es am Mischpult finden. Vor allem zu Beginn der Show waren deutliche Abstimmungsprobleme wahrzunehmen, die erst nach drei bis vier Songs behoben werden konnten. Vor allem Floor und Kai (Drums) hatten während des Openers "Noise" sichtlich Probleme mit der Akustik. Probleme, die bei einem Live-Konzert nunmal passieren können. Und die wir nach zwei Jahren Verzehr von musikalischem Konserven-Futter gerne in Kauf nehmen.
Zumal es dem Gesamterlebnis des Abends keinen Abbruch getan hat – auch dank des euphorischen Münchner Publikums. Ein Abend mit Nightwish ist vielleicht nicht "The Greatest Show On Earth" – aber definitiv ein musikalisch-beeindruckendes und höchst emotionsgeladenes Abenteuer. Mehr darf und kann man nicht erwarten.
Review von Florian für Dark Divas.
Hinweis: Das Review bezieht sich auf das Konzert in München am 5. Dezember 2022. Die Bilder wurden am 4. Dezember 2022 beim Gig in Wien gemacht. (c) Thomas Ranner für Dark Divas.
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