„Anfangs dachte ich, dass ich nicht gut ankommen werde"
Ambre Vourvahis, Frontwoman von Xandria, im Gespräch über Druck im Business, „The Wonders Still Awaiting" und persönliche Ambitionen.
ELENA VON DARK DIVAS
25. Jan. 2023
Danke, dass du dir trotz Album-Release-Stress Zeit genommen hast, ein bisschen mit uns zu plaudern. Anfang 2022 wurde eure Wiedergeburt in komplett neuer Xandria-Konstellation angekündigt. Mittlerweile habt ihr gemeinsam getourt und euer neues Album "The Wonders Still Awaiting" auf Schiene gebracht. Wie kommt ihr miteinander zurecht?
Ambre Vourvahis: Sehr gut! Die Jungs sind sehr professionell, total nett und unterstützend. Die Energie im Team ist gut.
Wie haben die Band und du zueinander gefunden?
Ambre: Marco und ich kannten uns schon vor meiner Zeit bei Xandria. Während der Band-Pause dachten wir darüber nach, ein neues Projekt zu starten. Marco arbeitete damals schon an ein paar Xandria-Songs und er meinte, dass meine Stimme gut zu den neuen Liedern passen würde. Er wollte nicht mehr nur klassische Vocals dabei haben. Sein Angebot, die neue Sängerin bei Xandria zu werden, nahm ich natürlich sofort an. Gemeinsam starteten wir dann die Suche nach weiteren Musikern. Nach und nach fanden wir den Rest unserer jetzigen Konstellation. Über Weiterempfehlungen und Demo-Listenings haben wir dann unseren Bassisten Tim und Dimitrios unseren Drummer gefunden. Gitarrist Rob haben wir über Social Media ausfindig gemacht. Als Gitarrendozent an der Wacken Metal Academy waren wir sofort von seinem Talent überzeugt.
Die Band-Geschichte ist durchwachsen – bei der Gründung warst du gerade mal ein Jahr alt. In der Vergangenheit gab es viele Wechsel und auch ein paar Unstimmigkeiten. Wie fühlt es sich an, bereits als sechste Frontfrau Kopf der Band zu sein? Macht das Druck?
Ambre: Am Anfang hat mich das schon ein bisschen gestresst. Vor allem, weil ich wusste, dass Fans aufgrund der Vergangenheit der Band überwiegend klassische, operettenhafte Vocals erwarten. Dadurch dachte ich anfangs, dass ich bestimmt nicht so gut ankommen werde. Aber als wir dann das Album aufgenommen haben und ich mich das erste mal gehört habe, war ich schon viel selbstbewusster und sagte mir: "Die Songs sind episch, ich hoffe den Leuten gefällt's und sie akzeptieren meine Stimme einfach!" Bisher waren alle Rückmeldungen sehr positiv. Dafür bin ich dankbar.
Euer Comeback habt ihr mit eurer ersten Single "Reborn" – passender könnte der Name nicht sein – gefeiert. Seitdem folgten weitere Songs, unter anderem "You Will Never Be Our God", "Ghosts" und der Titelsong des Albums, die einen Vorgeschmack auf "The Wonders Still Awaiting" geben. Nach welchen Gesichtspunkten habt ihr eure Single-Auskoppelungen ausgesucht?
Ambre: Oh, das war ein langer Prozess! (lacht) Wir haben die Single-Auswahl sehr oft geändert. Auch die Reihenfolge der Songs. "Reborn" war ein no-brainer, für uns war das wie "Nightfall" 2.0 – wir wussten, die Leute würden es mögen. Danach wollten wir den Fans zeigen, was wir sonst noch so drauf haben, was diese neue Ära von Xandria bereit hält und auch was ich als neue Frontfrau präsentieren kann. Growls, heavy Riffs und solche Dinge. "You Will Never Be Our God" kam dann als zweites, weil uns die Message hinter dem Song sehr wichtig war. Hier war das Risiko größer, weil der Song sehr anders ist als alles, was wir bisher gemacht haben. Anschließend kam "Ghosts" und danach entschieden wir uns zur Abwechslung dafür, eine etwas ruhigere und magische Symphonic-Metal-Nummer zu releasen: den Titeltrack.
Wir durften bereits ins Album reinhören. Eines muss man sagen: Die Vielschichtigkeit eurer Musik kommt 1A zur Geltung, die Bandbreite an technischen Skills ist beeindruckend. Wie schafft ihr den Spagat zwischen engelsgleicher, epischer Theatralik einerseits, Härte, Tempo und Finsternis andererseits?
Ambre: Live ist es nicht so einfach, vor allem wenn man die Stimmung nicht nur zwischen den Songs, sondern in einem Song switchen muss. Ich muss zugeben: Zu Beginn hatte ich ein bisschen Angst davor, so viele verschiedene Gesangsstile unter einen Hut bringen zu müssen. Aber es klappt. Wenn die Musik zum Vocal-Style passt, funktioniert das Gott sei dank meist wie von selbst. (lacht) Im Studio sieht das natürlich anders aus, da hat man Zeit. Ich kann von einer Gesangslage zur nächsten gehen, dazwischen wird einfach geschnitten.
In kurzer Zeit von sanften Tönen zu harten Growls zu wechseln erfordert einiges an Übung. Hast du ein Ritual, das du abhältst, bevor du auf die Bühne gehst?
Ambre: Ich muss alles aufwärmen. Bedeutet: Ein paar einfache Übungen für den Cleangesang, dann öffne ich mittels Summen und Singen meine Stimme für den klassischen Gesang, sodass meine Kopfstimme wirklich gut rauskommt. Zum Schluss muss ich auch die Screams und Growls vorbereiten, ansonsten wird das nichts. Alles zu balancieren ist eine Challenge: Um zu screamen, brauchst du Spannung. Die Spannung nimmt dir aber gleichzeitig die Offenheit, die du beim klassischen Gesang brauchst, wieder weg. Das ist nicht leicht, man kann nicht immer zu 100 Prozent alles richtig machen. Vor allem wenn der Körper schon müde ist. Aber Gott sei Dank ist das viel muscle-memory.
In welchem Stil singst du am liebsten?
Ambre: Die Cleans und die Screams gefallen mir am besten. Die Screams sind irgendwie befreiend und der Cleangesang passt am besten zu mir. Das bin ich, das ist meine Identität, das fällt mir am leichtesten.
Du hast Literatur und Philosophie studiert. Inwiefern beeinflusst das deine Arbeit?
Ambre: Sehr interessante Frage. Einige Aspekte meines Philosophie Studiums helfen mir bestimmt beim Songwriting. Vor allem, wenn ich mir die Frage stelle: "Welche Dinge können wir in unseren Songs hinterfragen?" Aber ich bin bei den Lyrics auch gerne persönlich und schütte mein Herz aus.
Mit "Astéria" schließt ihr das Album ab. Ein Song, in dem Teile der Lyrics auf griechisch zu hören sind. Fühlst du dich in Griechenland am meisten zuhause?
Ambre: Ja, ich glaube schon, auch wenn ich mich jetzt in Deutschland ebenfalls zuhause fühle. Griechenland wird immer einen besonderen Platz in meinem Herzen haben.
Du hast griechische und französische Wurzeln, sprichst gut Englisch, lebst in Deutschland. In welcher Sprache "denkst" und "fühlst" du?
Ambre: Englisch – auch wenn das vielleicht komisch klingt. Mein Deutsch ist noch nicht so gut, deshalb sprechen wir auch untereinander eigentlich nur Englisch und ich liebe es! Englisch ist so direkt, es gibt Worte für alles, es kommt auf den Punkt. Ich mag es sehr.
Mein Lieblingssong auf eurer neuen Platte ist "My Curse is My Redemption". Auf welchen Song auf "The Wonders Still Awaiting" bist du besonders stolz?
Ambre: Wir stecken Herz und Seele in jeden unserer Songs, sogar wenn sie etwas unkonventioneller und verrückter sind. Mich da zu entscheiden ist hart. Aber lass mich kurz überlegen… "Two Worlds" - weil er so magisch und episch ist. Und "Paradise". Aber vermutlich würde ich dir in zwei Wochen wieder was komplett anderes sagen, ich ändere ständig meine Meinung. (lacht)
Xandria
Xandria ist eine Symphonic-Metal-Band, die im Jahr 1994 in Bielefeld gegründet wurde.
Mitglieder
Ambre Vourvahis - Sängerin Marco Heubaum - Gitarre / Keyboard Robert Klawonn - Gitarre Tim Schwarz - Bass Dimitrios Gatsios - Schlagzeug
Der erste große Meilenstein als brandneue Xandria-Formation wird mit dem Album gelegt. Wie soll eure Reise künftig weitergehen – habt ihr schon eine Vision?
Ambre: Ich würde gerne mehr touren, denn auf der Bühne zu stehen ist das Beste. Du kannst performen, singen, Leute kennenlernen und fühlst dich frei. Außerdem: Mehr kreieren, mehr releasen und dabei meine Persönlichkeit noch mehr in die Songs einbringen. Auf persönlicher Ebene möchte ich weiterhin wachsen, denn ich habe meinen Zenit noch lange nicht erreicht. Ich lerne immer noch und möchte auch weiterhin meine Techniken ausbauen und mit meinem Vocalcoach perfektionieren. Ich bin gespannt, wie weit ich als Sängerin noch kommen kann.
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