Theatres des Vampires – In Nomine Sanguinis
„In Nomine Sanguinis“ weist für Fans der dunklen Seite der Musik durchaus interessante und ansprechende Ansätze auf, schöpft sein volles Potenzial aber nicht aus.
16. Nov 2021
Gute fünf Jahre sind vergangen, seit Theatres des Vampires ihr letztes Studioalbum „Candyland“ veröffentlicht haben. Nun hebt sich der Vorhang erneut, und die italienische Dark-Metal-Kombo lädt mit „In Nomine Sanguinis“ zum mittlerweile elften Mal zu ihrem eigens inszenierten Tanz der Vampire.
Bereits der Opener „Death in Venice“ macht deutlich, wohin die Reise geht: ein atmosphärisches Intro, das schnell von druckvollen E-Gitarren abgelöst wird. Frontfrau Sonya zeigt im Laufe des Tracks, der im Mittelteil immer mehr an Fahrt gewinnt, die verschiedenen Facetten ihres Gesangs, die von Klargesang über leicht gutturale, dramatische Sprechpassagen bishin zu unheilvollen Harsh Vocals reichen. Immer mal wieder lässt sie ein dämonisches Lachen hören, bei dem sich die Nackenhaare allerdings weniger aufstellen als vermutlich von der Band intendiert.
Eher Effekthascherei als großes Kino
Nach diesem soliden Einstieg folgt „Endless Darkness“, ein Song, der mit schönen, harten Riffs und stellenweise gequältem, sich gut in das Gesamtbild einfügendem Gesang von Sonya aufwarten kann. „Christina“ ist ein schneller Track, in dem Theatres des Vampires leicht an ihre Landsleute von Lacuna Coil erinnern. Letzteres ist im Übrigen auch beim Titeltrack der Fall. Dieser ist ein balladeskes und im Vergleich zum Rest des Albums schon beinahe verträumtes Stück, das sicherlich auch mit Cristina Scabbias Stimme gut funktioniert hätte - wenn nicht sogar besser. Relativ schnell wird nämlich klar, dass es sich bei „In Nomine Sanguinis“ eher um Effekthascherei handelt als um großes Kino. Dies liegt nicht etwa daran, dass Sonya Scarlet keine authentische Königin der Verdammten abgibt. Ob sie nun verletzlich bis süßlich schmachtet, unheilvoll tiefen Klargesang anstimmt oder Shouts zum Besten gibt, die sich zwischen hasserfüllt und dämonisch besessen bewegen: ihre Stimme deckt eine ganze Bandbreite an Emotionen ab. Ob das Album jedoch die Erwartungen all jener wird erfüllen können, die keine alteingesessenen Fans sind, ist fraglich; denn von einer Band, die so kontinuierlich mit der Vampir-Ästhetik spielt und sich als „Horror Metal“ inszeniert, wäre Schaurigeres zu erwarten gewesen. Serviert wird ziemlich typischer Gothic bzw. Dark Metal, dem die orchestralen Ergänzungen weder schaden, noch wirklich zugute kommen.
Von Goethe und Synth-Pop
Für Literaturfreund*innen gibt es einen Pluspunkt: Theatres des Vampires, deren Name dem Kultroman „Interview mit einem Vampir“ von Anne Rice entstammt, sind ihrer Linie treu geblieben und verweisen auch auf ihrem zwölften Silberling lyrisch auf literarische Klassiker, die - wer hätte es gedacht - Vampirismus zum Thema haben. So ist beispielsweise „The Bride of Corinth“ eine Hommage an Goethes Ballade „Die Braut von Korinth“, in der ein Jüngling von einer Frau, die in Wahrheit ein Geist mit vampirartigen Zügen ist, verführt und schließlich getötet wird. Thematisch haben Theatres des Vampires also zumindest ein gutes Gespür für düster-gruftigen Gothic Horror bewiesen. Atmosphärische Dichte ist jedoch nicht alles, denn „In Nomine Sanguinis“ fehlt es insgesamt an Abwechslung. Positiv hervorzuheben ist „The Void Inside“, das zunächst völlig ohne Metal-Instrumente auskommt und nur von Sonyas Stimme sowie elektronischen Arrangements lebt, die an den in der Schwarzen Szene beliebten okkulten Synth-Pop erinnern. Auch später, als sich die E-Gitarren wieder kurzzeitig einschalten, bleiben sie im Hintergrund, sodass der Fokus weiterhin auf dem Elektro-Aspekt liegt. Zudem gesellt sich unerwartet eine tiefe Männerstimme dazu, die einen schönen Kontrast zu Sonyas Gesang bildet. Im abschließenden Track „Till the Last Drop of Blood“ zieht die Band mit einer Kombination aus druckvoller Instrumentierung, einem Frauenchor und einem überbordenden Instrumentalteil noch einmal alle Register ihres ‚Vampiric Metal‘, bevor sich der Vorhang senkt und die Hörer*innen mit ambivalenten Gefühlen entlassen werden - einerseits durchaus angetan vom düsteren Soundgewand des Albums, andererseits aber auch etwas ernüchtert. „In Nomine Sanguinis“ weist für Fans der dunklen Seite der Musik durchaus interessante und ansprechende Ansätze auf, schöpft sein volles Potenzial aber nicht aus.
„Die Kinder der Nacht - welch schöne Musik sie machen!“ Bis zum nächsten Mal, Theatres des Vampires.
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