Delain – Dark Waters

Delain bleiben ihrem Stil treu, Dark Waters erfüllt die Erwartungen. Wer aufgrund der neuen Formation eine musikalische Weiterentwicklung erwartet hat, wird allerdings enttäuscht. Und trotzdem: Ein Top-Album.

4.5
Florian Dünser

FLORIAN DÜNSER

3. Feb. 2023

Review
Delain
Diana Leah
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Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, als Charlotte Wessels und andere Band-Mitglieder von Delain die Trennung von Band-Mastermind Martijn Westerholt verkündeten. Während viele Beobachter*innen bereits das Ende der niederländischen Symphonic Metal Kombo prognostizierten, war relativ rasch klar, dass Martijn sein Baby Delain nicht einfach so zu Grabe tragen würde. Und tatsächlich wurde im August 2022 schließlich das neue Line-up präsentiert. Darunter auch zwei große Überraschungen: Ronald Landa (Gitarre) und Sander Zoer (Drums), in der Vergangenheit bereits Mitglieder von Delain, kehrten in die Band zurück. Neu am Start: Ludovico Cioffi (Bass) – und die bis dahin relativ unbekannte Diana Leah, die die charismatische Charlotte Wessels ersetzt. Nun, ein weiteres halbes Jahr später, erscheint das neue Album der de facto neuen Truppe rund um Westerholt. "Dark Waters" soll laut Label Napalm Records "Neustart und sicherer Hafen" gleichermaßen verkörpern. Klar wird relativ rasch: der sichere Hafen wird zu keiner Zeit in Richtung offenes Gewässer verlassen.

Zauberformel wirkt

Bereits mit den ersten Singles, "The Quest and the Curse", "Beneath" und "Moth To A Flame", war klar, dass Westerholt am Erfolgsrezept der Band festhält: eingängiges, breitenwirksames Songwriting, klare Vocals, epische, orchestrale Elemente und Einflüsse von Pop-Elementen ergeben die klare Symphonic-Metal-Zauberformel von Delain, die vielen Metalheads zwar etwas zu seicht ist – zugleich aber viele in ihren Bann zieht.

Mit Diana hat Westerholt jedenfalls ein sehr gutes Händchen bewiesen. Für Genre-Interessierte, die Delain nur sporadisch hören, wird der Wechsel an den Vocals kaum wahrnehmbar sein. Charlotte und Diana haben eine sehr ähnliche Klangfarbe und ein ähnliches Stimmvolumen – letztere eine Spur wärmer als ihre Vorgängerin. Fans müssen sich aber jedenfalls nicht auf Neuland einstellen. Ganz im Gegenteil: "Dark Waters" klingt wie die logische Weiterentwicklung zu Apocalypse & Chill – als wäre der 15. Februar 2020 nie passiert.

Band-Zäsur musikalisch nicht hörbar

Und das ist zugleich das größte Problem des Albums. Delain sind mit Ausnahme des Gründers eine vollständig neue Band. Nur: man hört und spürt das nicht. Diesen Umstand mögen viele Fans feiern – Westerholt selbst hat aber eine wichtige Chance verpasst, auch musikalisch eine neue Ära der 20-jährigen Band-Geschichte einzuläuten. Der 15. Februar 2020 war eine Zäsur. Es wäre spannend gewesen, diese auch musikalisch wahrnehmen zu können.

Mitunter soll Dark Waters aber auch genau das Gegenteil vermitteln: Delain sind wieder da – mit anderen Protagonisten. Aber genau so, wie ihr uns lieben gelernt habt. Und wenn das der Anspruch war und ist, haben Westerholt & Co einen verdammt guten Job gemacht. Dark Waters ist ein wirklich gutes Symphonic Metal Album, das sich zu keiner Sekunde die Blöße gibt.

Spannend zeigt sich dabei vor allem das Zusammenspiel mit Paolo Ribaldini. Der finnische Vocal Coach unterstützt die Band bei zwei Songs, was allen voran die Nummer "Beneath" aufwertet. Witzig: Bei "Moth To A Flame" gibt es richtig Lordi-Vibes – der Refrain klingt wie der Schwestern-Track von "Would You Love A Monsterman?" der finnischen Songcontest-Helden von 2006. Ein wohl eher ungewollter Zufall.

Album-Highlight "Invictus"

Prominente Unterstützung haben sich Delain bei "Mirror of the Night" und "Invictus" geholt. Während bei ersterem Within-Temptation-Gitarrist Ruud Jolie unterstützend in die Saiten haut, greift bei "Invicuts" niemand geringeres als Marko Hietala, Ex-Bassist von Nightwish, zum Mikro. Die Nummer wird damit neben "Underland", dem fulminanten Finale von Dark Waters, zum absoluten Highlight des Albums – und zeigt, warum Marko bei Nightwish schmerzhaft vermisst wird.

Ingesamt haben Delain ein sehr gutes Album rausgehauen, das zwar keine musikalische Weiterentwicklung zeigt – trotz der neuen Besetzung aber auch niemand überraschen oder gar erschrecken wird. Wer Symphonic Metal mag, wird dieses Album lieben.

Tracklist

1. Hideaway Paradise
2. The Quest and the Curse
3. Beneath (feat. Paolo Ribaldini)
4. Mirror of Night
5. Tainted Hearts
6. The Cold
7. Moth to a Flame
8. Queen of Shadow (feat. Paolo Ribaldini)
9. Invictus (feat. Marko Hietala & Paolo Ribaldini)
10. Underland

Release: 10. Februar 2023

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