Doku: Sexuelle Übergriffe auch bei Metal-Festivals

STRG_F-Redakteurinnen besuchten das Wacken Open Air, das Summer Breeze und das Party.San – und stellten fest: die Metal-Community ist nicht nur Familie.

Florian Dünser

FLORIAN DÜNSER

12. Sept. 2023

News
Dark Divas
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Metal-Festivals sind ein „safe space“ für Frauen – und Metalheads eine einzige große Familie: das Narrativ der Metal-Community ist ein eindeutiges. Aber trifft es auch zu? Eine nun vom Recherche-Kollektiv Strg_F veröffentlichte Dokumentation fügt diesem Selbstbild der Metal-Community zumindest Kratzer zu. Die Strg_F-Redakteurinnen, die in diesem Sommer drei deutsche Metal-Festivals besuchten – das Wacken Open Air, das Summer Breeze und das Party.San – zeigen deutlich, dass auch auf Metal-Festivals sexuelle Übergriffe geschehen. Und das vor tausenden Augen am helllichten Tag – etwa beim Crowdsurfen.

Betroffene Frauen berichten, wie sie beim Crowdsurfen in intimen Bereichen heftig begraptscht wurden. Auch Künstler*innen erzählen von entsprechenden Vorfällen. Laura Guldemond, Frontfrau der Burning Witches, sagt. „Du siehst Leute, die Titten und Muschis angrabschen. Das passiert einfach. Denn manche Leute sind einfach nur Arschlöcher und denken sich: in der Menge werde ich eh nicht gefunden. Ich selber würde nie in einer großen Menge crowdsurfen.“ Und Joacim Cans, Sänger von Hammerfall, weiß zu berichten: „Es gibt ein paar Typen, die haben ihre Hände überall und das ist ein No-Go. Sie nutzen die Situation aus. Wenn ein Mädchen Crowdsurfing betreibt, berühren die Hände Stellen, an denen sie nicht sein sollten.

Zahlen zeigen: Kaum Unterschiede bei Mainstream-Festivals

Das Problem ist nicht neu. Demnach sind solche Vorfälle den Festivalmachern schon seit Jahren bekannt, wie Einträge im Wacken-Forum zeigen – oder auch die von den Veranstaltern so bestätigt wird. „Ja, es gibt sexuelle Übergriffe. Das hast du auf jeder Veranstaltung. Es gibt überall nette Menschen – und es gibt überall Arschlöcher„, sagt Erik Oßwald vom Party.San. Und beim Wacken Open Air? Dort zeigt man sich ob der Konfrontation, dass es auch dort zu sexuellen Übergriffen kommt, überrascht. Demnach wurden beim Wacken seit 2013 insgesamt 16 Sexualdelikte zur Anzeige gebracht, darunter auch eine Vergewaltung. Beim Summer Breeze waren es im selben Zeitraum ebenfalls 16 Anzeigen, darunter 3 Vergewaltigungen. Zum Vergleich: beim Hurricane-Festival wurden 22 Sexualdelikte angezeigt, darunter 4 Vergewaltigungen, beim Highfield-Festival 5 Sexualdelikte, darunter 1 Vergewaltigung. Beim Party.San wurden in den vergangenen zehn Jahre keine Sexualdelikte zur Anzeige gebracht. Bei allen Festivals dürfte die Dunkelziffer aber empfindlich höher sein.

Jeder Übergriff ist einer zu viel

Was sagen diese Zahlen nun, ist das viel oder, in Relation zur Größe der Veranstaltungen, „wenig“? Klar ist: jeder Übergriff ist einer zu viel. Und Metal-Festivals sind keine naturgegebenen safe spaces für Frauen. Die Metal-Community ist, davon sind wir weiter überzeugt, eine friedliche und überaus bunte und empathische Gemeinschaft. Aber das trifft eben, wie in jeder Gemeinschaft, nicht auf jede und jeden Einzelnen zu. Oder, wie es Oßwald vom Party.San so treffend sagt: Es gibt überall Arschlöcher. Ist das die Schuld der Festivalmacher? Natürlich nicht. Aber es werden weitere Maßnahmen notwendig sein, um Frauen bei Mainstream-Veranstaltungen vor Übergriffen zu schützen.

Kritik an Aufbau der Doku

Die Reaktionen in der Metal-Community auf den Beitrag von Strg_F fallen sehr geteilt aus. Viele Stimmen kritisieren das negative Bild, das skizziert wird – und vermeintlich die ganze Community in ein falsches Licht rückt. Auch einer der bekanntesten YouTuber aus der Metal-Szene, Der Dunkle Parabelritter, hat hierzu in einem Clip Stellung bezogen, den wir euch nicht vorenthalten möchten:

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