„Wenn ich im Flow bin, dann sprudeln die Ideen"

Am Weltfrauentag nahm sich Melissa Bonny Zeit, um mit Dark Divas über das neue Album von Ad Infinitum, Chapter 3 – Downfall, zu sprechen.

Ursula von Dark Divas

URSULA VON DARK DIVAS

22. März 2023

Interview
Ad Infinitum
Melissa Bonny
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Melissa, Dark Divas begleitet eure Bandgeschichte von Anfang an. Heute dürfen wir dich zum dritten Mal und zum vierten Album-Release interviewen. Seit der Gründung von Ad Infinitum 2018 hat sich so viel bewegt. Wie siehst du eure Entwicklung?

Melissa Bonny: Als Band haben wir es in diesen Jahren geschafft, unseren eigenen Sound zu kreieren. Am Anfang waren wir auf der Suche, haben uns gefragt, wie wir klingen möchten, wie wir unsere Musik präsentieren wollen, haben experimentiert. Jetzt, glaube ich, haben wir unseren Sound als Band gefunden. Als Künstlerin sehe ich das genauso – man entdeckt sich, probiert sich aus, entwickelt seine Fähigkeiten und Techniken weiter. Das gilt für mich, aber auch für die Jungs in der Band.

Klingt wie erwachsen werden.

Melissa: Ja, genau so ist es. Und mit der Band ist es, als ob man mit ein paar Brüdern aufwächst. (lacht)

Ihr habt drei Studio-Alben in vier Jahren veröffentlicht. Das ist beeindruckend. Woher kommt diese scheinbar endlose kreative Energie?

Melissa: Ich liebe Musik. Ich liebe es, Songs zu schreiben und wenn ich nicht gerade an Songs mit Ad Infinitum oder The Dark Side of the Moon schreibe, dann schreibe ich für andere Projekte oder schreibe einfach drauflos. Ich habe immer Ideen. Und ich habe das Gefühl, wenn ich im Flow bin, dann sprudeln die Ideen einfach aus mir raus. Für mich ist es eher schwierig, wenn ich lange an keiner Nummer gearbeitet habe, wieder in den Fluß zu kommen. Aber sobald ich angefangen habe, nach ein paar Fehlversuchen (lacht), kommt es dann einfach wieder wie von selbst. Da bin ich dann wie in einer Blase gefüllt mit Kreativität.

Und wie entstehen neue Songs aus deiner Feder?

Bonny: Manchmal fange ich an zu schreiben und ich weiß schon, wie der Song klingen soll. Manchmal habe ich auch nur einen Bezugspunkt, eine Referenz und schicke das Demo an die Jungs. Manchmal weiß ich genau, welche Energie der Song braucht und ich schicke dann Beispiele an die Band, damit sie hören, wie ich mir das vorstelle. Wie es klingen soll. Es ist jedes Mal etwas anders.

Lass uns über Chapter 3 – Downfall reden. Hier geht es um Ägypten zu Kleopatras Zeiten. Chapter 2 – Legacy drehte sich um Vlad Țepeș, Dracula. Wie seid ihr vom Pfähler zu Kleopatra, der letzten Königin der Ptolemäer, gekommen?

Melissa: Bei den ersten zwei Alben hatten wir als Inspirationsfiguren zwei bedeutende Männer (Ludwig XIV, Vlad Tepes) der Geschichte. Dieses Mal haben wir bewusst eine Frau gewählt, um Frauen zu repräsentieren, um zu zeigen, es gab schon immer viele einflussreiche Frauen, die Geschichte geschrieben haben. Kleopatra war für uns genau die richtige Wahl und hat die gesamte Band inspiriert.

Habt ihr euch in das Thema richtig vertieft und Recherche betrieben?

Melissa: Ja – sehr, sehr viele Recherche. Es waren viele Stunden, die wir mit dem Lesen über Kleopatra und ihre Zeit verbracht haben. Wir haben unzählige Dokumentationen angesehen und angehört. Zum einen haben wir uns die Geschichte von Kleopatra fast internalisiert. Zum anderen haben wir auch ganz viel über die ägyptischen Gottheiten gelernt. An einem Punkt haben wir uns dazu entschlossen, den Fokus auf ein paar wenige Götter zu setzen. Denn etwas, was ich nicht wusste, war, dass es im alten Ägypten so viele Gottheiten gab (lacht) – mit sehr komplexen Verwandtschaftsverhältnissen.

Seid ihr auch auf Fakten gestoßen, die euch überrascht oder umgehauen haben?

Melissa: Was ich nicht wusste, war, dass Kleopatra ursprünglich den Thron gemeinsam mit ihrem Bruder Ptolemaios bestiegen hat. Er wollte aber dann die Macht für sich alleine haben und sie einfach ermorden lassen. Sie flüchtete ins Exil nach Syrien und kehrte zurück mit Cäsars Kopf, um ihre rechtmäßige Herrschaft zurückzufordern.

Was können wir als Frauen von Kleopatra lernen?

Melissa: Ich empfinde sie als historische Figur sehr bestärkend. Wir haben heute mehr Rechte. Aber ich komme aus der Schweiz. Frauen dürfen dort erst seit 1971 wählen. Das ist noch gar nicht so lange her. Wir können uns also vorstellen, wie das Leben damals zu Kleopatras Zeiten für Frauen gewesen sein muss. Sie hat all das durchgemacht und es geschafft, zu einer der bedeutendsten Frauen in der Geschichte zu werden. Das ist sehr inspirierend und eben bestärkend – auch für Frauen unserer Zeit.

Heute (Anm: das Interview wurde am 8. März geführt) ist Weltfrauentag #internationalwomensday – das Thema passt also. Wie siehst du unsere Gesellschaft heute, wenn wir über Gleichberechtigung reden. Wo stehen wir da?

Melissa: Ich empfinde diesen Tag als einen sehr wichtigen Tag für uns Frauen. Die Gesellschaft bewegt sich langsam in die richtige Richtung. Leider gibt es immer noch genug Ungleichheiten. Viele Frauen haben für die Gleichberechtigung gekämpft und tun es noch. Dieser Kampf war nicht umsonst. Deshalb hat es meine Generation zum Beispiel etwas leichter. Aber wir sind uns dennoch der Ungerechtigkeiten, wie zum Beispiel bei den Löhnen, bewusst. Wir bewegen uns also in die richtige Richtung, aber ich sehe noch allzu oft Verhaltensformen, von denen es kaum zu glauben ist, dass es diese im Jahr 2023 noch gibt.

Vielleicht noch einmal zum Titel eures Albums. Downfall – warum der Untergang?

Melissa: Cool, dass du das fragst. Wir hatten etwas Angst, die Leute könnten glauben, das ist jetzt der Untergang von uns als Band. (lacht) Aber dem ist nicht so. Downfall steht vor allem für den Untergang der ptolemäischen Dynastie. Mit Kleopatras Tod war die Herrschaft der Ptolemäer vorbei. Diese Zeit steht für das zum Scheitern verurteilt zu sein.

Vom Untergang zurück zu Downfall. Eure Alben sind immer wunderschön, nicht zuletzt aufgrund des dahinterstehenden Konzepts, aus einem künstlerischen Guss. Die Tracks fließen ineinander wie die Kapitel in einer Geschichte. Dennoch – gibt´s für dich einen Lieblingssong, eine Lieblingsgeschichte auf Downfall?

Melissa: Wenn es um die Lyrics geht, dann ist das Upside Down. Da geht es um Kleopatra, wie sie sich ihren Platz auf dem Thron zurückholt. Sie erkämpft sich Gerechtigkeit.

Ihr habt dieses Mal auch wieder einen Gast auf eurem Album – Chrigel Glanzmann von Eluveitie. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Melissa: Wir arbeiteten an Legends und dachten uns, dass irgendwas fehlt. Gemeinsam mit Jakob Hansen haben wir an atmosphärischen Klängen und einem gesprochenen Intro getüftelt. Ich hatte es schon eingesprochen und hatte das Gefühl, mit meiner Stimme funktioniert das nicht richtig. Wir brauchen jemanden, der wie Gandalf aus Herr der Ringe klingt. (lacht) Da fiel der Name von Chrigel. Wir waren sofort begeistert, haben ihn direkt gefragt und er war gleich dabei. Mit ihm lieben wir den Track.

Ihr habt auch dieses Album wieder selbst produziert. Habt ihr Tipps für Künstler*innen, die diesen Weg des selbst Produzierens auch gehen wollen?

Melissa: Zugegebenermaßen hatten wir beim ersten Versuch großen Respekt vor dieser Aufgabe. Aber es hat sich als richtig erwiesen. Den Rat, den ich deshalb Musiker*innen geben würde, die ihre Musik auch selber produzieren möchten: Holt euch eine externe Meinung. Als Musiker*in bist du oft so tief im kreativen Prozess, dass dir die Klarheit im Kopf fehlt und du manche Dinge übersiehst.

Ihr habt gerade Chapter 3 finalisiert - ist damit eine Trilogie abgeschlossen oder wird es eine Tetralogie werden oder eventuell eine unendliche Geschichte?

Melissa: Darüber haben wir als Band noch gar nicht geredet. Ich glaube aber, dass dies eine abgeschlossene Trilogie sein könnte und wir für das nächste Album etwas Spezielles machen werden. Aber hier gibt es noch nichts Spruchreifes.

Zuerst kommt jetzt mal das neue Album. Habt ihr zum Release am 31. März etwas Besonderes geplant?

Melissa: Direkt zum Veröffentlichungsdatum nicht. Ursprünglich war eine Tour geplant, aber diese musste verschoben werden. Es wird aber Konzerte geben, wir werden auf einigen Festivals präsent sein – Summer Breeze und Masters of Rock sind bereits bestätigt – da werden aber noch ein paar Termine folgen. Und: Im Herbst werden wir wahrscheinlich auf Tour gehen – eventuell sogar zweimal.

Danke, Melissa!

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