„Ich habe die Anfrage, der Band beizutreten, anfangs zweimal abgelehnt"

Elena Cataraga, alias Lena Scissorhands, hat nicht nur als Frontfrau der moldauische Modern Metal-Band Infected Rain das Mikro fest im Griff, sondern tritt von nun an auch als Sängerin von Death Dealer Union in Erscheinung. Im Gespräch mit Dark Divas gibt die Musikerin Einblicke in ihren Weg zur Band, enthüllt die Hintergründe zu ihrem Debütalbum „Initiation“ und spricht über eine Operation, die ihre Stimme nachhaltig verändert hat.

Amanda Dizdarevic

AMANDA DIZDAREVIC

6. Nov. 2023

Interview
Infected Rain
Lena Scissorhands
Death Dealer Union, Infected Rain, Lena Scissorhands

Bevor wir auf das neue Album „Initiation“ zu sprechen kommen: wie kam es dazu, dass du ein Teil von Death Dealer Union wurdest?

Lena: Ursprünglich entstand die Idee zur Gründung von Death Dealer Union mit der Vision, ein Kollektiv unterschiedlichster Musikschaffender zu formen, die gemeinsam kreative Werke gestalten. Dieses Konzept spiegelt sich sogar im Bandnamen wider, den CC (Anm: CC McKenna, Schlagzeug) kreiert hat. So erreichte mich dann während der COVID-19-Pandemie eine Nachricht von ihm; zu dieser Zeit war er verstärkt musikalisch aktiv. Er machte mir den Vorschlag, gemeinsam an einem Song zu arbeiten. Nachdem ich zugesagt hatte, schloss ich mich zusammen mit meinem Produzenten Valentin (Anm: Valentin Voluta) den Jungs an. In diesen Sessions stand eigentlich nur der Spaß im Vordergrund, und wir haben viel improvisiert.

Aber dieses Feature hat sich dann in eine vollwertige Mitgliedschaft in der Band verwandelt.

Lena: Ganz genau. Wir haben schnell gemerkt, dass die Zusammenarbeit super funktioniert und wir gut harmonieren. Das hat uns Lust auf mehr gemacht und so sind insgesamt vier neue Songs entstanden. CC hatte dann die Idee, für zwei dieser Songs Musikvideos zu drehen. Und da ich diese Songs geschrieben, komponiert und gesungen hatte, lud er mich ein, in den Videos mitzuspielen – obwohl ich nur Gastmusikerin war. Als wir uns dann in Los Angeles trafen, um die Videos zu drehen, entwickelte sich eine engere Bindung zwischen den Jungs und mir, was zur Entstehung neuer Ideen führte. Kurz nachdem wir die beiden Videos veröffentlicht hatten, merkten wir, wie sehr die Leute unsere Produktionen mochten. Schließlich fragte mich CC, ob ich Vollzeitsängerin der Band werden wollte.

Und hast du auch gleich zugestimmt?

Lena: Tatsächlich nicht.

Warum das?

Lena: Ich habe die Anfrage, der Band beizutreten, anfangs zweimal abgelehnt. Das Angebot klang zwar sehr verlockend, allerdings war ich zuerst besorgt. Ich wusste nicht, ob ich ausreichend Zeit, Energie und Material für zwei Bands aufbringen könnte. Ich nehme solche Verpflichtungen sehr ernst, so wie es sicherlich jeder tut. Trotzdem zerbrach ich mir den Kopf darüber, denn ich wollte Missverständnisse vermeiden und niemanden im Stich lassen.

Was hat dich schlussendlich dazu bewogen, die Position anzunehmen?

Lena: CC hat meine Bedenken zerstreut, indem er mir erklärte, dass Death Dealer Union keine Vollzeitband sein würde. Er selbst hat viele andere berufliche Verpflichtungen – nicht nur als Musiker, sondern auch als Geschäftsmann und Schauspieler. Die anderen Bandmitglieder sind ebenfalls in verschiedene Projekte involviert. Vollzeitmusiker zu sein und ständig zu touren, ist eine Herausforderung, die das Privatleben enorm beeinträchtigt und wenig Zeit für Familie und Freunde lässt. Da ich bereits seit vielen Jahren mit Infected Rain diesen Lebensstil pflege, wissen meine Liebsten um mich herum, was das bedeutet. Die Vorstellung, dies zu verdoppeln, überforderte mich.

Es ist also ein Nebenprojekt – nicht nur für dich, sondern für alle.

Lena: Korrekt. Uns geht es nun primär darum, Spaß zu haben und gemeinsam zu musizieren. Die anderen Jungs schätzen meine Expertise und Erfahrung. Ich wiederum schätze es sehr, dass meine Anliegen stets akzeptiert und respektiert werden.

Ihr habt jetzt, genauso wie Infected Rain, einen Vertrag mit Napalm Records unterzeichnet.

Lena: Ja, ursprünglich war geplant, nur eine EP auf den Markt zu bringen. Doch wenn man Teil eines Labels wird, haben Alben Vorrang; EPs können später veröffentlicht werden. Daher einigten wir uns darauf, einen Langspieler aufzunehmen. Einige Songs hatten wir bereits in der Tasche; den Rest mussten wir danach dann noch schreiben und aufnehmen. Und da unsere Songs unabhängig voneinander entstanden sind, erzählt jeder eine eigene Geschichte. Sicher, es gibt einige Gemeinsamkeiten, wie etwa ein Paar Liebeslieder, aber die Themen der Titel sind sonst sehr vielfältig.

Welcher Song liegt dir besonders am Herzen?

Lena: „Love Me When I’m Ugly”. Dieses Stück bietet viel Raum für vielfältige Interpretationen und kann in unterschiedlichen Beziehungen, sei es Familie, Freundschaft oder Romantik, seine Bedeutung finden. In diesem Song ermutige ich die Menschen, ihre Familienmitglieder, Freunde oder Liebhaber zu schätzen, selbst wenn sie „hässlich“ sind. Hier beziehe ich mich nicht auf das äußere Erscheinungsbild; es geht vielmehr um die Situationen, in denen wir nicht in Bestform sind, rücksichtlos handeln, uns nicht gut fühlen oder den Erwartungen anderer nicht gerecht werden.

Natürlich ist es einfach, einen perfekten Menschen zu lieben, aber wahre Liebe bedeutet, alle Stärken, Schwächen, Höhen und Tiefen dieser Person zu akzeptieren. Leider werden uns beispielsweise in den sozialen Medien oder Filmen oft nur makellose Bilder präsentiert, was unrealistische Erwartungen schürt. Menschen können diesen oftmals nicht gerecht werden, erwarten allerdings gleichzeitig, dass andere dies tun. Wir leben in einer sehr anspruchsvollen Welt und daher möchte ich die Hörerinnen und Hörer damit ermutigen, bescheidener zu sein und mehr Akzeptanz zu zeigen.

Wie waren die bisherigen Rückmeldungen zu diesem und den elf anderen Songs?

Lena: Phänomenal! Schon auf die ersten veröffentlichten Lieder haben wir großartige Reaktionen bekommen. Als dann die gesamte Platte erschienen ist, erreichten uns noch mehr positive Rückmeldungen. Die einzigen kritischen Stimmen waren, dass Death Dealer Union ähnlich klingt wie Infected Rain. Natürlich bestehen Parallelen, da beide Bands dieselbe Sängerin, Texterin und Komponistin haben. Daher bin ich mir unschlüssig, ob dies überhaupt als negative Kritik zu werten ist. Meiner Ansicht nach lassen sich jedoch deutliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen feststellen. 

Welche wären das?

Lena: Bei Infected Rain ist mein Gesang oft emotionaler, da ich hier über spezifischere, schmerzhaftere und düsterere Themen singe. Bei Death Dealer Union fließen zwar auch diese Emotionen ein, doch hier werden sie allgemeiner ausgedrückt. In diesem Fall geht es mehr um Gefühle, die häufiger vorkommen und vertrauter sind. Es gibt einen weiteren Unterschied, aber dieser betrifft mich persönlich.

Könntest du das genauer erläutern?

Lena: Ich habe „Initiation“ etwa zur gleichen Zeit aufgenommen wie das nächste Infected Rain-Album, das Anfang nächsten Jahres erscheinen soll. Während des Aufnahmeprozesses beider Werke konnte ich Veränderungen in meiner Stimme wahrnehmen. Der Grund dafür war eine Operation, genauer gesagt, wurden mir im Dezember 2022 die Mandeln entfernt. Und da dieser Eingriff in der Nähe der Stimmbänder durchgeführt wurde, hatte ich große Angst davor; vor allem im Erwachsenenalter ist eine solche Operation schwieriger und schmerzhafter. Zum Glück ist am Ende alles gut gegangen.

Und inwiefern hat diese Operation deine Stimme beeinflusst?

Lena: Viele Leute, einschließlich meines Vocal Coaches, sind der Meinung, dass meine Stimme seit der Operation besser klingt. Früher konnte ich nicht so singen, wie ich es wollte, weil die übergroßen Mandeln in meinem Hals die Ausdrucksfähigkeit meiner Stimme buchstäblich behindert haben. Jetzt habe ich das Gefühl, dass meine Fähigkeiten ein neues Level erreicht haben. Und deshalb bin ich so stolz auf „Initiation“ und die kommende Infected Rain-Platte; sie repräsentieren die beste Version meiner selbst. Das soll nicht prahlerisch klingen, sondern nur zeigen, wie scheinbar kleine Dinge einen großen Einfluss auf die eigene Leistung haben können.

Apropos Leistung: Kannst du dir vorstellen, dass Death Dealer Union in Zukunft ein Vollzeitprojekt wird?

Lena: Man sollte zwar niemals „nie“ sagen, aber im Moment nicht. Death Dealer Union bleibt vorerst ein Nebenprojekt. Trotzdem werden wir schon von vielen gefragt, wann wir endlich auf Tour gehen.

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