„Ich wollte mich von der Rolle des Opfers befreien“

Mit „Bad Blood“ veröffentlichen Setyøursails nicht nur ihr zweites Studioalbum, sondern schlagen auch ein neues Kapitel in ihrer musikalischen Reise auf. Im Gespräch mit Dark Divas gibt Sängerin Jules Mitch einen Einblick in die turbulenten Hintergründe der Albumproduktion – von anfänglichen Unzufriedenheiten bis hin zu zeitlichen Herausforderungen und ihrer Abkehr vom Metalcore.

Amanda Dizdarevic

AMANDA DIZDAREVIC

9. Apr. 2024

Interview
SETYØURSAILS
Jules Mitch
Jules Mitch, Setyoursails, SETYØURSAILS

Euer neues Album „Bad Blood“ ist da – wie geht es dir damit?

Jules: Ich fühle mich gerade sehr gelassen. Das Album hat mir in letzter Zeit genug Stress bereitet. Es war ein echter Kampf, es zu schreiben.

Warum das denn?

Jules: Wir hatten sehr wenig Zeit dafür, und ich habe so viel Herzblut reingesteckt. Als ich das Mastering bekam, hatte ich einen Nervenzusammenbruch und war vollkommen aus der Fassung. Ich dachte, alles sei einfach schrecklich geworden und wir müssten von vorne beginnen. Doch mittlerweile habe ich mich beruhigt und bin wirklich enorm zufrieden mit dem Endergebnis. 

Warum warst du so unzufrieden damit?

Jules: Ich neige dazu, mich selbst sehr zu kritisieren. Das Problem liegt hier vor allem in meinem Kopf. Ich weiß, ich bin mental nicht gesund, und wenn man ohnehin mit Selbstzweifeln kämpft und das Endprodukt dann hört, tendiert man dazu, sich selbst deswegen zu zerstören. Es brauchte einige Zeit, bis mich meine Jungs davon überzeugen konnten, dass das, was wir produziert haben, nicht so schlecht ist, wie ich es anfangs empfunden habe. Seitdem ist aber alles wieder in Ordnung und wir sind auch schon an unserem nächsten Album dran.

Jules Mitch, Setyoursails, SETYØURSAILS

SETYØURSAILS

SETYØURSAILS ist eine vierköpfige, englischsprachige Metalcore-Band aus Köln, Deutschland. Es ist eine Melodic-Hardcore-Band, bei der Jules Mitch als Frontfrau und Sängerin tätig ist

Mitglieder

Jules Mitch - vocals André Alves Rodrigues - guitar Nicolai Hoch - bass Henrik Kellershohn - drums

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Du hast vorhin erwähnt, dass ihr ziemlich knapp an der Zeit wart. Was war der Grund dafür? 

Jules: Nun, wir sind bei Napalm Records unter Vertrag, und das bringt natürlich bestimmte Verpflichtungen mit sich. Vor allem, weil wir bald eine Co-Headliner-Tour mit Rising Insane spielen werden und davor ein Album herausbringen müssen. Nach dem Release von „Nightfall“ vor zwei Jahren haben wir außerdem eine Menge Shows gespielt, und ich habe den Jungs die ganze Zeit schon gesagt, dass ich zum Schreiben der neuen CD genug Zeit brauche. Aber jeder meinte, dass wir noch mit Lord Of The Lost auf Tour gehen und noch vieles anderes machen könnten. Am Ende standen wir mit nur noch drei Monaten für die Abgabe des neuen Werks da (lacht). Ich musste dann mit unserem Produzenten Julian Breucker remote zusammenarbeiten – ich saß hier in Köln, er in Hamburg. Wir haben jeden Tag vier Stunden über verschiedene Programme daran gebastelt. 

Bist du währenddessen auch noch deinem normalen Job in der Jugendhilfe nachgegangen?

Jules: Ja, jeden Tag. Zuerst war ich von morgens bis mittags am Album dran und danach für acht Stunden auf der Arbeit.

Jetzt hast du schon viel früher mit dem nächsten Album begonnen, wie du vorhin erwähnt hast.

Jules: Absolut! Das musste ich, besonders weil wir dieses Jahr noch mehr Shows spielen werden als letztes Jahr. Ich habe mir geschworen, dass ich nicht wieder in die gleiche Zeitnot geraten möchte, also habe ich frühzeitig mit dem Schreiben begonnen.

Hast du in diesem Fall „Bad Blood“ auch wieder allein geschrieben?

Jules: Ja, ich übernehme immer das Schreiben der Lyrics und die Gesangsmelodien komplett selbst. Vor allem, weil wir so wenig Zeit hatten, war es schwierig, dass die Jungs daran mitwirken konnten. Bei „Nightfall“ haben André (Anm.: André Alves, Gitarre) und ich gemeinsam geschrieben, und das planen wir auch für das nächste Album wieder.

Neben André und dir gehören jetzt zwei neue Mitglieder zur Band. Das eröffnet doch ein neues Kapitel für Setyøursails, oder? 

Jules: Korrekt! „Nightfall“ wurde noch mit einem ganz anderen Line-Up geschaffen. Damals hatten wir einen anderen Bassisten und Drummer (Anm.: Dominic Ludwig und Pascal Schnitzler). Diese Phase ist nun Vergangenheit. Wir präsentieren uns jetzt in einer neuen Konstellation (Anm.: Nicolai Hoch am Bass und Henrik Kellershohn am Schlagzeug). Ich will nicht sagen, dass das unbedingt Altlasten sind, aber wir waren definitiv entschlossen, einen neuen Schwung zu bringen. Und was mich angeht, ich wollte mich von der Rolle des Opfers befreien – weg von dem, dass es mir psychisch nur schlecht geht und alles von meinen Depressionen geprägt ist. Vielmehr wollte ich mit „Bad Blood“ zeigen, dass wir trotz einiger Rückschläge in den letzten Jahren stärker und motivierter sind als je zuvor. Klar, die Depressionen sind immer noch ein Teil davon, aber letztendlich stehen wir immer noch hier, kämpfen uns durch und nichts kann uns aufhalten. 

Kannst du uns erläutern, warum Dominic und Pascal überhaupt ausgestiegen sind?

Jules: Es waren verschiedene Gründe: Einer der beiden wurde Vater und wollte sich verständlicherweise vollkommen auf seine Familie konzentrieren. Beim anderen ging es mehr um musikalische Aspekte. Das Niveau, auf dem wir uns bewegen, entsprach nicht mehr dem, was unser ehemaliger Schlagzeuger zu bieten hatte. Gerade bei Drums ist Präzision entscheidend – wenn sie nicht perfekt sind oder nicht so klingen, wie sie im Studio aufgenommen wurden, ist das problematisch. Mit Henrik haben wir jetzt einen äußerst professionellen und herausragenden Schlagzeuger gefunden, der unsere Band auf ein neues Niveau hebt.

Abgesehen von der neuen Besetzung – wenn wir jetzt „Nightfall“ mit „Bad Blood“ vergleichen, was macht die neue Platte so besonders?

Jules: Sie ist definitiv durchzogen von vielen Rock’n’Roll-Elementen. Ich persönlich bin ein großer Fan von AC/DC, daher habe ich als Songwriterin ganz andere Strukturen im Kopf als jemand, der ausschließlich Metal hört. Ich habe zuerst die Gesangsparts geschrieben und sie unserem Produzenten geschickt, der dann die Instrumentals dazu komponiert hat. Das Ganze basiert also auf den Vocals und nicht umgekehrt. Das bedeutet, dass ich nicht einfach vorgefertigte Instrumentals bekommen habe und dann versuchen musste, passende Gesangsparts dazu zu finden. Zugleich umfasst „Bad Blood“ auch viele Pop-Einflüsse, und darauf stehe ich total. Wir sind somit nicht mehr die Metalcore-Kids, die wir einmal waren.

Wird sich dieser Stil auch auf dem nächsten Album fortsetzen?

Jules: Das ist schwer vorauszusagen. Ich setze mich einfach hin und lasse die Inspiration fließen. Bisher habe ich schon neun neue Refrains kreiert, die dem Stil von „Bad Blood“ ähneln. Ich glaube aber nicht, dass wir wieder zurückgehen werden. Es scheint eher, dass sich unsere Musik weiterentwickeln wird, möglicherweise in eine noch punkigere und rockigere Richtung. Aber es könnte auch genauso gut sein, dass auf der nächsten CD einige richtig harte Metal-Songs landen werden. Wenn mich einer von den Jungs mal abfucken sollte, schreibe ich vielleicht einen brutalen Death Metal-Track (lacht).

Setyoursails live 2024

Unite & Conquer
w/ Rising Insane
12.04.24 DE - Lepizig / Naumanns
13.04.24 DE - Oldenburg / Amadeus
14.04.24 DE - Berlin / Cassiopeia
19.04.24 DE - Rostock / M.A.U. Club
20.04.24 DE - Münster / Sputnik Cafe
21.04.24 DE - Köln / Gebäude 9
10.05.24 DE - Hamburg / Headcrash
11.05.24 DE - Hannover / Bei Chéz Heinz
12.05.24 DE - Wiesbaden / Schlachthof
17.05.24 DE - München / Feierwerk
18.05.24 DE - Karlsruhe / Die Stadtmitte
19.05.24 DE - Nürnberg / Z-Bau

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