Amaranthe – Manifest
Auf Manifest befinden sich viele kurzweilige Aufwärmübungen für die Nackenmuskulatur – Geniestreiche aber leider keine.
FLORIAN DÜNSER
2. Okt. 2020
Amaranthe haben in den zwölf Jahren seit ihrer Gründung einen ganz eigenen musikalischen Stil entwickelt – und polarisieren damit in der Metal-Welt wie kaum eine andere Band. Für die einen spannende Bereicherung eines in der Regel nicht für musikalische Innovationen bekannten Genres – für die anderen Hörsturz-Garantie. Klar ist: Wer ein ziemlich eng gefasstes Verständnis von Metal hat, wird Amaranthe auch auf Manifest nicht lieben lernen. Die Pop-Metal-Kombo liefert ab, was man von den Schweden erwartet: Eine musikalisch wenig anspruchsvolle, dafür umso unterhaltsamere Mischung aus Pop, Elektro und Death Metal. Klingt komisch – und ist es irgendwie auch. Aber, und das ist der springende Punkt: Wer sich darauf einlässt, kann mit Manifest und Amaranthe richtig Spaß haben.
Experimente über Genregrenzen
Amaranthe tun der Metal-Szene gut. Nicht nur, weil sie Schubladendenken mit Füßen treten. Sondern, weil sie musikalische Gedankenspiele zulassen, die weit über Genregrenzen hinaus gehen. Frontfrau Elize ist eine Kick-Ass-Powerfrau wie kaum eine zweite in der Metal-Welt. Stimmlich zwar hinter Namen wie Floor Jansen oder Simone Simons anzusiedeln, aber dafür macht sie mit Show, Leidenschaft, Empathie und Power etwaige musikalische Defizite problemlos wett. Und seien wir uns ehrlich: Wer nur nach Goldkehlchen kategorisiert, wird schnell seinen Spaß an Metal verlieren.
Fleißig und umtriebig
Untätigkeit mag man der Band jedenfalls nicht vorwerfen. Mit Veröffentlichung des Albums, das übrigens unter erschwerten Bedingungen inmitten der Covid-Pandemie produziert wurde, wurde bereits die fünfte Single (sic!) des Albums, Fearless, veröffentlicht. Zuvor wurden bereits Viral, Strong, Do or Die und Archangel dem großen Amaranthe-Fanpublikum präsentiert. Nummern, die vor allem live oder mit runtergelassenem Autofenstern Spaß machen.
Und, da sind wir auch schon beim größten Problem von Manifest: Die Nummern machen Spaß – sie laden aber nicht ein, sich längerfristig damit zu beschäftigen. Eine Begleiterscheinung, die die Einflüsse aus der Pop-Welt nunmal zwangsläufig mit sich bringen. Einfach, eingängig, unterhaltsam – aber eben nicht tiefgründig. Hits, mit denen man sich einen Abend lang beschäftigen kann – für mehr finden aber wohl nur eingefleischte Fans Verwendung. Oder anders gesagt: Amaranthe ist der One Night Stand der Metal-Welt.
Kaum Weiterentwicklung
Die Schweden bringen mit ihrer Nische zwar Vielfalt in die Metal-Welt – bewegen sich selber aber keinen Millimeter weiter. Manifest ist gut, aber auch mit jedem bisherigen Album der Band austauschbar.
Kurzum: Auf Manifest finden sich genügend kurzweilige Aufwärmübungen für die Nackenmuskulatur – Geniestreiche keine.
Tracklist
1. Fearless – 3:31
2. Make It Better – 3:50
3. Scream My Name – 3:03
4. Viral – 3:01
5. Adrenaline – 3:09
6. Strong – 3:06
7. The Game – 3:01
8. Crystalline – 3:20
9. Archangel – 3:23
10. BOOM!1 – 4:13
11. Die And Wake Up – 3:08
12. Do Or Die – 3:28
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