„Wir wollten wieder auf die härtere Schiene zurück!“

Am 27. August erscheint das neue Album „Solace“ von Venues. Wir haben uns mit Frontfrau Lela zu einem Plausch verabredet. Im Interview berichtet sie über die Entstehung des neuen Albums, wie es war, als „Neue“ zur Band zu stoßen – und was sie mit Zombies am Hut hat.

Florian Dünser

FLORIAN DÜNSER

29. Juli 2021

Interview
Venues
Daniela "Lela" Gruber
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Der überraschende Ausstieg deiner Vorgängerin Nyves aus Venues 2019 habt ihr als größte Krise der Band bezeichnet. Nachdem das neue Album „Solace“ nun in den Startlöchern steht, kann man bereits sagen, dass die Band gestärkt aus dieser Krise hervorgegangen ist?

Lela: Ja, definitiv – und aus meiner Sicht sowieso (lacht). Aber auch was die Jungs so sagen, hat die neue Besetzung (Anm.: auch Valentin ist neu dazu gestoßen) einfach ermutigt. Das hat uns die Möglichkeit gegeben, ein neues Kapitel aufzuschlagen und die Dinge ein wenig anders zu machen.

Bestand denn die Gefahr, dass mit dem Aus von Nyves auch das letzte Kapitel von Venues aufgeschlagen wurde?

Lela: Nein, die Jungs hatte nie vor, sich aufzulösen. Weitermachen war immer klar. Nur das Wie war nicht eindeutig. Die Band hat auch nicht speziell nach einer Sängerin gesucht, sondern auch mit dem Gedanken gespielt, einen Sänger reinzuholen – oder ganz mit Clean Vocals zu brechen. Aber an Aufgeben hat da keiner gedacht.

Und dann findet man dich ausgerechnet an jenem Ort, wo man wohl am wenigsten nach einer neuen Frontfrau Ausschau hält: Auf einem Steel-Panthers-Gig.

Lela: Das war so ein Projekt, wo ich mich mit verschiedenen Bands vor deren Gigs getroffen – und Backstage Musik gemacht habe. Das hab ich auch bei Steel Panther gemacht. Der Michael Starr (Anm.: Sänger von Steel Panther) hat mich dann während der Show im Publikum erkannt und auf die Bühne gebeten. Da durfte ich dann einen Song mitsingen. Das war schon mal ziemlich lustig (lacht). Der Constantin (Anm: Gitarre bei Venues) war im Publikum und hat das mitgefilmt. Wir kannten uns damals noch gar nicht und haben uns dann nach der Show zufällig getroffen. Er hat mir erzählt, dass er den Song mitgefilmt hatbe. Also habe ich ihm meine Nummer gegeben, dass er mir das Video schicken kann. Und so kam der Kontakt zustande.

Du bist sprichwörtlich ja wie die Jungfrau zum Kind zu Venues gestoßen. Wie war es, nach dem durchaus vielbeachteten Debütalbum „Aspire“ als „Neue“ zur Band zu stoßen?

Lela: Constantin hat mich zu einer Probe eingeladen. Ich kam da an und dann haben wir direkt das ganze Set einmal durchgespielt – und das hat super harmoniert. Auch zwischenmenschlich. Ich wurde mit offenen Armen empfangen.

Eine Krise folgt auf die nächste. Nach dem Abgang deiner Vorgängerin und der erfolgreichen Neubesetzung durch dich als Frontfrau folgt gefühlt der Sargnagel auf die Ambitionen junger Bands: Die Covid-Pandemie. Wie seid ihr mit dieser Frustration umgegangen?

Lela: Constantin hat mich zu einer Probe eingeladen. Ich kam da an und dann haben wir direkt das ganze Set einmal durchgespielt – und das hat super harmoniert. Auch zwischenmenschlich. Ich wurde mit offenen Armen empfangen.Gar nicht so schlecht. Wir haben pünktlich zum ersten Lockdown das Songwriting für das neue Album begonnen. Schade war, dass wir uns nicht mehr treffen konnten und alles von zu Hause aus aufnehmen mussten. Tatsächlich waren wir während der Pandemie aber sehr beschäftigt. Mit dem Songwriting, mit den Aufnahmen, Videos drehen, Fotoshooting und ähnliches. Das hat uns nicht ganz den Wind aus den Segeln genommen. Und wir waren auch sehr froh, dass wir die Band hatten. Das hat uns motiviert, mit etwas Großem dann rauszugehen.

Ich stelle es mir wahnsinnig schwierig vor, über digitale Kanäle einen Kreativprozess zu starten.

Lela: Grundsätzlich schreiben Constantin und Valentin die gesamten instrumentalen Parts. Sie schicken mir diese dann, ich höre sie an, ich spreche mit Robin darüber, über was wir schreiben wollen – und dann nimmt jeder für sich zu Hause seine Parts auf und wir schicken diese dann weiter. Das war insofern echt schade, weil es das erste Album war, dass wir in dieser Besetzung gemeinsam geschrieben haben. Da wäre es natürlich cool gewesen, zusammen im Proberaum zu jammen und zu sehen, was dabei rauskommt. Aber da grundsätzlich jeder von uns die Möglichkeit hat, bei sich zu Hause aufzunehmen, ging das recht gut. Zwischen den Lockdowns haben wir uns tatsächlich auch mal getroffen im Proberaum und haben zusammen daran gearbeitet. Alleine zu Hause entsteht eine eigene Art der Kreativität. Man hat nicht den Druck, jetzt abliefern zu müssen. Man kann sich in seinem Tempo alles überlegen und schickt es den anderen erst dann, wenn man selber zufrieden damit ist.

Die Distanz war also nicht zwingend ein Nachteil?

Lela: Ja, vielleicht auch deshalb, weil wir zuvor in dieser Konstellation nie Songs geschrieben hatten – und wir es somit auch nicht anders kannten.

Die Zahlen steigen wieder, erste Veranstaltungen werden schon wieder abgesagt. Wie groß ist die Sorge, das neue Album nicht live performen zu können?

Lela: Da machen wir uns gerade nicht sehr viele Gedanken darüber, sondern wir konzentrieren uns auf das, was geht – sonst wird man eh nur unglücklich. Wir mussten jetzt Shows in Russland absagen, ansonsten stehen bisher noch einige Dates, auf die wir uns vorbereiten und auf die wir uns sehr freuen.

Gibt es Pläne, „Solace“ auf eigener Tour auszuführen?

Lela: Ja, wir gerade an einer Tour dran, die im Januar und Februar stattfinden soll – das ist schon bestätigt. Wenn Corona uns da keinen Strich durch die Rechnung zieht, wird da also was kommen. Zu viel darf ich noch nicht verraten. (lacht)

**Reden wir über euer neues Baby, das am 27. August das Licht der Welt erblicken wird – herzliche Gratulation dazu schon jetzt, ein tolles Album. In der Presseaussendung heißt es dazu: „‘**Aspire‘ war die Visitenkarte, die VENUES Türen öffnete. ‚Solace‘ ist der Durchmarsch bis zum Thronsaal der deutschen Szene.“ Es wird ziemlich deutlich: Ihr seid richtig stolz auf dieses neue Album.

Lela: Auf jeden Fall. Auch natürlich wegen der neuen Besetzung, bei der am Anfang noch nicht genau klar war, was dabei rauskommen wird.

Das neue Album klingt erwachsener und reifer als „Aspire“. Ihr seid auch eine Spur härter geworden, Pop-Einflüsse sucht man auf Solace vergebens. Warum diese Nachjustierung?

Lela: Da waren sich alle einig. Warum, kann ich dir gar nicht genau sagen. Wir hatten geplant, die Pop-Vibes rauszunehmen. Die sind da und dort immer noch vorhanden. Aber grundsätzlich wollten wir wieder etwas stärker auf die härtere Schiene zurück.

Ist das eher deine comfort zone?

Lela: Schwer zu sagen. Musik wie mit Venues habe ich zuvor nie gemacht. Das war neu für mich. Als ich mich dann reingehört habe, war ich dann aber eher in den härteren Gefilden zu Hause. Ich habe zuvor eher Blues- und Acoustic Rock gemacht, hab aber auch in einer Band gespielt, in der wir eine Opernsängerin, ein Saxophon, zwei Schlagzeuge und Synthis dabeihatten. Das Vergnügen mit Metalcore kam dann erst mit Venues.

Wie würdest du euren Sound denn selber beschreiben?

Lela: Wir siedeln uns irgendwo zwischen Metalcore und modernem Metal an.

Ihr seid vergangenes Jahr laut eigenen Angaben alle durch kleinere und/oder größere Lebenskrisen gegangen. War der Titel des neuen Albums, Solace (Trost), zugleich auch praktischer Umstand im Covid-Jahr?

Lela: Genau. Zeitweise war die Band das Einzige noch, was voran ging. Wir haben deshalb sehr viel reingesteckt und auch wahnsinnig viel zurückbekommen. Ich wüsste heute nicht, wo ich ohne die Band wäre.

Du schreibst die Texte mit Robin. Wie findet ihr einen gemeinsamen Nenner?

Lela: Der Robin schreibt seine Shout-Parts, ich meine Clean Vocals. Wir sprechen, bevor die Texte schreiben, was der Song für Gefühle in uns auslöst. Und dann zeigt sich schon, ob einer von uns bereits eine Idee für den Song hat – oder eine Geschichte erzählen möchte. Ich muss sagen, dass ich da sehr glücklich darüber bin. Wir waren uns da immer sehr schnell einig und konnten uns sehr gut ineinander hineinversetzen. Da gab es noch nie Probleme und wir scheinen uns da blind zu verstehen.

Einfach nur Songs über irgendwas zu schreiben, ist nicht drin“, sagst du. Haben deine Texte denn immer einen persönlichen Bezug?

Lela: Nicht immer, aber meistens. Es kommt natürlich auf den Song drauf an. Bei Whydah Gally beispielsweise, kam der Robin um die Ecke und meinte: Hey Jungs und Mädel, ich würde total gerne einen Piraten-Song schreiben. Und dann war das so.

Erzähl mal: Seid ihr alle große Walking-Dead-Fans – oder warum spielen in euren Clips Zombies die Hauptrolle?

Lela: Um ehrlich zu sein: Ich habe Walking Dead noch nie gesehen. (lacht) Der Grund ist, dass wir nicht einfach nur Performance-Videos drehen wollten, wie das gefühlt alle Bands derzeit machen. Wir wollten eine Geschichte erzählen. Und das hat Filmemacher Marius Milinski, mit dem wir hier zusammenarbeiten, wunderbar umgesetzt. Wir haben ihm da die komplette künstlerische Freiheit gegeben und ihm einfach vertraut. Da er bisher jedes Venues-Video gedreht hatte, gab es keine Zweifel an seinem Können. Als er dann mit der Zombie-Story-Idee kam, waren wir direkt begeistert und wollten es genauso umsetzen, wie Marius es sich vorgestellt hatte.

Was sind die nächsten Schritte – was wünscht du dir für die Zukunft von und mit Venues?

Lela: In naher Zukunft wollen wir so viel spielen wie nur möglich. Klar, im August erscheint unser Album SOLACE, das ist natürlich ein Meilenstein. Bestenfalls gehen wir damit direkt auf die Bühne. Für Anfang 2022 ist eine Tour geplant, Infos hierzu folgen in Kürze. Und dann weiter Songs schreiben, rausbringen, viele Menschen treffen, eine gute Zeit haben. Zukünftig möchte ich mit Venues hoch hinaus. Bestenfalls die ganze Welt sehen, während man Musik macht. Das wäre ein Traum! Aber ich denke, da sind die Ziele und Visionen fast aller Bands ähnlich.

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